sustainable house in LIECHTENSTEIN . Ruggell
Proposal for a sustainable building. A competition won by Ivan Cavegn + Martin Rauch.
Baumschlager Eberle . + baunetz . NACHHALTIGKEIT
Leitidee
Ganz im ursprünglichen Sinn ist der Entwurf für das Haus der Nachhaltigkeit radikal. Es bedeutet zurück zu den Wurzeln einer vergangenen Baukultur und ihre Übertragung mit den Möglichkeiten der Gegenwart als Programm für die Zukunft. Die Basis ist dafür eine Architektur, welche die optimalen Voraussetzungen dafür bietet und das zu wenig beachtete Phänomen der Masseträgheit. Das Ergebnis ist ein Haus für den konkreten Ort, das mit den lange beständigen Materialien am Ort ohne haustechnische Anlagen für Kühlung, Heizung und Lüftung auskommt. Der geringe Energieverbrauch und der Energieverlust nach außen hin werden durch die menschliche Wärme und die Abgaben aus den notwendigen IT-Infrastrukturen kompensiert. Ein intelligentes System der Ventilation sorgt für die notwendige Lüftung und Kühlung während die haustechnischen Installationen auf ein Minimum reduziert werden. Ganz wichtig ist zudem die Prioritätensetzung: Es ist nicht der Mensch, der als Planungsbetroffener haustechnischer Innovationen zu Energiereduzierung herhalten muss. Vielmehr bestimmen die Menschen über den Umgang mit dem Haus und seinem Raumklima.
Städtebau und Außenraum
Das neue Haus steht im Dialog mit dem wertvollen Standort und seinem Alten Pfarrhaus. Es ist ein Dialog auf Augenhöhe: Typologisch korrespondieren hier zwei Türme miteinander, formen den Mikrokosmos des Ortes, wie sie auch die städtebauliche Einbindung artikulieren und gegenüber dem Bestand auch verbessern. Die Form wurde bewusst gewählt, einmal aus städtebaulichen Überlegungen zum anderen aus Gründen der Raumökonomie, weil durch die geringe Grundfläche ein Mehr an Außenraum gewonnen werden kann.
Signifikant steht der neue Turm, etwas zurückgesetzt und gedreht, im Kreuzungsbereich Dorfstraße-Schellenbergstraße und verweist damit in die Tiefe der Schellenbergstraße. Pfarrhaus und Bestand erhalten damit ein vis à vis, womit die Dorfstruktur fortgeschrieben wird. Das Volumen des Hauses der Nachhaltigkeit sowie seine Form setzen einen ergänzenden Akzent im Quartier. Man könnte also von einem Landmark sprechen oder inhaltlich von einem neuen Identitätsgefüge. Die Binnenstruktur des Standortes wird in seiner Qualität optimiert. In der Charakteristik ist es ein eigener Bezirk, offen nach außen hin und gleichzeitig für sich selbst geltend. Vor allem aber ist er angenehm. Dafür sorgen ein Baumbestand, der das Areal umgibt - als Schwelle zur Öffentlichkeit. Dazu kommen noch der bestehende Stall, das alte Pfarrhaus und das neue Gebäude als Eckpunkte für einen fließenden Außenraum im Quartier. In Anlehnung an die alten Torfhütten entsteht außerdem eine kleine Holzremise - als Schirm gegenüber den Parkplätzen des Friedhofes im Süden positioniert. Hochbeete im Westen ergänzen die Schwellenfunktion von Bäumen und Gebäuden, sie sind aber auch gleichzeitig ein lebendes Archiv für die regionale Pflanzen- und Kräuterwelt.
Ein Wechselspiel aus biomorphen Wasser- und Grünflächen im Einklang mit der Oberfläche des Rheintalkieses kennzeichnet den Außenraum. Es erinnert an das naheliegende Moor, wie überhaupt mit der Oberfläche des Hauses gemeinsam eine Symbiose elementarer Materialien konstituiert wird. Auf diese Weise entsteht ein Außenraum mit materieller und olfaktorischer Sinnlichkeit, Assoziationsreichtum und einer Abfolge von transitorischen und intransitorischen Akzenten.
Erschließung und Funktion
Das neue Haus der Nachhaltigkeit wird an der Nordseite erschlossen. Ganz logisch aus dem Bewegungsfluss des Außenraumes und der städtebaulichen Disposition ist dieser Zugang selbsterklärend, bedarf also keiner besonderen Hinweisschilder. Parkmöglichkeiten finden sich im Osten, Fahrräder werden in der neuen Remise abgestellt. Dort findet sich im 1. OG auch ein Trockenboden für Rietkräuter. Der alte Stall kann als Verkaufsbereich für die regionalen Bauern und die Produkte der Rietkräuterpflege dienen. Im Inneren des neuen Hauses führt ein Stiegenhauskern in die einzelnen Etagen. Im Parterre sind die Cafeteria, der Ausstellungsraum, ein Veranstaltungsbereich und die Küche angeordnet, womit alle öffentlichen Funktionen auf einer Etage zu liegen kommen. Die oberen Stockwerke können – bedingt durch die Konstruktion - ganz flexibel Büroeinheiten aufnehmen.
Ökonomie und Ökologie
Das Gebäude kommt ohne mechanische Heizung, Lüftung und Kühlung aus. Investitions- und Wartungskosten für die kurzlebige Geräte-Hardware fallen somit weg, wie auch die Energieausgaben deutlich zurückgenommen werden. Eine neu entwickelte Software sorgt für die Steuerung der Energieströme.
Ganz wesentlich: Das Haus bietet optimale Voraussetzungen für eben diesen Fluss der Energie. Es ist ein Haus aus Stein, mit Wänden, Türen und hohen Räumen. Es benötigt wenig graue Energie und sorgt auf Grund der elementaren Mittel der Architektur für ein Wohlbefinden, wie es dank der guten Proportionen und dem selbsterklärenden Gebrauch entstehen kann. Es ist also das erklärte Ziel, ein Haus zu bauen, das auf eine angenehme Atmosphäre für die Benützer ausgelegt ist.
Dabei zeigt sich, dass mit diesen Maßnahmen, die Abwärme im Inneren von Menschen und Maschinen ausreicht, um die Transmissionsverluste der Außenbauteile zu kompensieren.
Apropos Proportionen: Die Außenmaße des Gebäudes umfassen 16x16x16 Meter. Dieses Seitenverhältnis ist im klassischen Sinn ideal-harmonisch, aber auch im energetischen, weil am wenigsten Oberfläche für das meiste Volumen benötigt wird. Für die Fensterformate, welche für visuelle Streckung des Hauses und seiner Wahrnehmung als „Turm“ verantwortlich sind, wurde ein Regelformat von gerundet 5:3 gewählt. Ein solches Maßverhältnis ist aus der Kinematographie bekannt, und bewirkt die optimale Ausleuchtung in den Regelgeschoßen. Der Fensteranteil an der gesamten Gebäudehülle macht lediglich 24 Prozent aus, ein Verhältnis, das in den europäischen Stadtzentren üblich ist und dazu beiträgt die Wärmeverluste zu minimieren.
Konstruktion und Material
Die konstruktiv-energetischen Grundlagen: Die Hülle verfügt über einen Wandaufbau aus jeweils 38 Zentimetern Ziegel, miteinander verzahnt, sorgt die innere Schicht für hohe Druckfestigkeit, die äußere isoliert effizient. Das Gebäude wird mit einem Sumpfkalk-Glattputz endverkleidet. Je nach Bewitterung und Alter der Fassade entstehen unterschiedliche Oberflächen. Die 4-schichtige Putzschicht wird durch Seifen des noch nassen Putzes mit einer Schmierseifen-Lösung imprägniert, sodass eine Verschmutzung möglichst gering gehalten werden kann. Durch die Alkalität des Kalkes entsteht eine Reaktion mit der Seife, sodass eine unlösliche, hydrophobe und diffusionsoffene Oberfläche entsteht.
Die Drehung des Baukörpers mit seinen tiefen Fensterlaibungen reduziert den Wärmeeintrag. Innen angeschlagene Lüftungsflügel werden über Sensoren gesteuert, um das Raumklima behaglich zu machen. Ein Beispiel, wie das funktionieren wird: Im Winter sorgt die Abwärme für hohen Energieeintrag, die Lüftungsflügel gehen erst auf, wenn der CO2-Anteil im Raum steigt. Bei sommerlicher Hitze öffnen sich die Flügel nächtens, um mit „Zugluft“ natürlich zu kühlen.
Sensoren unterstützen - vielleicht ein wenig kontrollierter - die Tätigkeit der Benutzer, wie sie in „normalen“ Gebäuden seit jeher üblich ist. „Normal“ auf anspruchsvollem Niveau ist dieses Haus. Hohe Räume, gute Belichtung und das wohltemperierte Innenklima erfüllen einen Komfortanspruch, wie er weltweit erhoben wird. Die hier lebenden Menschen sind aber nicht Planungsopfer eines neuen Energiekonzepts. Wer will, kann nach Bedarf und Gutdünken, die Steuerung der Sensoren selbst übernehmen oder einfach formuliert: Das Fenster aufmachen.
Die Ökonomie im Raumbedarf und die Ökologie durch die Reduktion der Energieverbrauche ergänzen einander, wie auch die einzelnen Bauelemente mehrfach konnotiert sind. Ein weiteres Beispiel: Die starken Wände steigern das Trägheitsmoment der Baumasse, reduzieren also den Wärmeaustausch von innen nach außen. Parallel dazu sorgen sie für eine hohe Plastizität des Gebäudekörpers als Botschaft einer Architektur, die sich auf das Elementare des Mediums konzentriert. Die Nachhaltigkeit des neuen Hauses konstituiert sich nicht nur aus den materiellen Komponenten. Neben der intelligenten Software ist es die aus der Konstruktion abgeleitete Nutzungsneutralität, die für eine lange Verwendung des Hauses spricht. Zwischen den tragenden Fassaden und dem Erschließungskern werden Flächen aufgespannt, die je nach dem sich ändernden Bedarf organisiert werden können. Auch auf diese Weise wird Zeit, Geld und Energie gespart.
Architektur
Ziel des Entwurfs ist es, ein Gebäude zu schaffen, das auch im ästhetischen Sinn nachhaltig ist. Daher werden keine Metaphern anderer Bilderwelten, etwa jener der Aerodynamik oder Biomorphie, bemüht, um zur Form des Gebäudes zu gelangen. Vielmehr geht es hier in Ruggell, um eine Architektur, die Bestand hat, also die elementaren Möglichkeiten des Mediums ausschöpft. Beständigkeit als Botschaft des Gebäudes zählt ebenso dazu wie feinjustierte Proportionen und eine Authentizität der Materialien. Allein die Nähe zur Rietlandschaft bildet sich in der Außenraumgestaltung und den Fassaden ab. An den Oberflächen im Sockel- und Attikabereich entstehen geschliffene Mäander ähnlich der Entstehung von Rietlandschaft durch Flusserossionen. Die Kunst der Architekten bildet sich im präzisen Zusammenfügen all dieser Komponenten ab. Das klingt zwar einfach, ist aber das Ergebnis eines intensiven Gestaltungsprozesses. Oder um es mit den humorvollen Worten von Karl Valentin zu formulieren: „Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit“.
Proposal for a sustainable building. A competition won by Ivan Cavegn + Martin Rauch.
Baumschlager Eberle . + baunetz . NACHHALTIGKEIT
Leitidee
Ganz im ursprünglichen Sinn ist der Entwurf für das Haus der Nachhaltigkeit radikal. Es bedeutet zurück zu den Wurzeln einer vergangenen Baukultur und ihre Übertragung mit den Möglichkeiten der Gegenwart als Programm für die Zukunft. Die Basis ist dafür eine Architektur, welche die optimalen Voraussetzungen dafür bietet und das zu wenig beachtete Phänomen der Masseträgheit. Das Ergebnis ist ein Haus für den konkreten Ort, das mit den lange beständigen Materialien am Ort ohne haustechnische Anlagen für Kühlung, Heizung und Lüftung auskommt. Der geringe Energieverbrauch und der Energieverlust nach außen hin werden durch die menschliche Wärme und die Abgaben aus den notwendigen IT-Infrastrukturen kompensiert. Ein intelligentes System der Ventilation sorgt für die notwendige Lüftung und Kühlung während die haustechnischen Installationen auf ein Minimum reduziert werden. Ganz wichtig ist zudem die Prioritätensetzung: Es ist nicht der Mensch, der als Planungsbetroffener haustechnischer Innovationen zu Energiereduzierung herhalten muss. Vielmehr bestimmen die Menschen über den Umgang mit dem Haus und seinem Raumklima.
Städtebau und Außenraum
Das neue Haus steht im Dialog mit dem wertvollen Standort und seinem Alten Pfarrhaus. Es ist ein Dialog auf Augenhöhe: Typologisch korrespondieren hier zwei Türme miteinander, formen den Mikrokosmos des Ortes, wie sie auch die städtebauliche Einbindung artikulieren und gegenüber dem Bestand auch verbessern. Die Form wurde bewusst gewählt, einmal aus städtebaulichen Überlegungen zum anderen aus Gründen der Raumökonomie, weil durch die geringe Grundfläche ein Mehr an Außenraum gewonnen werden kann.
Signifikant steht der neue Turm, etwas zurückgesetzt und gedreht, im Kreuzungsbereich Dorfstraße-Schellenbergstraße und verweist damit in die Tiefe der Schellenbergstraße. Pfarrhaus und Bestand erhalten damit ein vis à vis, womit die Dorfstruktur fortgeschrieben wird. Das Volumen des Hauses der Nachhaltigkeit sowie seine Form setzen einen ergänzenden Akzent im Quartier. Man könnte also von einem Landmark sprechen oder inhaltlich von einem neuen Identitätsgefüge. Die Binnenstruktur des Standortes wird in seiner Qualität optimiert. In der Charakteristik ist es ein eigener Bezirk, offen nach außen hin und gleichzeitig für sich selbst geltend. Vor allem aber ist er angenehm. Dafür sorgen ein Baumbestand, der das Areal umgibt - als Schwelle zur Öffentlichkeit. Dazu kommen noch der bestehende Stall, das alte Pfarrhaus und das neue Gebäude als Eckpunkte für einen fließenden Außenraum im Quartier. In Anlehnung an die alten Torfhütten entsteht außerdem eine kleine Holzremise - als Schirm gegenüber den Parkplätzen des Friedhofes im Süden positioniert. Hochbeete im Westen ergänzen die Schwellenfunktion von Bäumen und Gebäuden, sie sind aber auch gleichzeitig ein lebendes Archiv für die regionale Pflanzen- und Kräuterwelt.
Ein Wechselspiel aus biomorphen Wasser- und Grünflächen im Einklang mit der Oberfläche des Rheintalkieses kennzeichnet den Außenraum. Es erinnert an das naheliegende Moor, wie überhaupt mit der Oberfläche des Hauses gemeinsam eine Symbiose elementarer Materialien konstituiert wird. Auf diese Weise entsteht ein Außenraum mit materieller und olfaktorischer Sinnlichkeit, Assoziationsreichtum und einer Abfolge von transitorischen und intransitorischen Akzenten.
Erschließung und Funktion
Das neue Haus der Nachhaltigkeit wird an der Nordseite erschlossen. Ganz logisch aus dem Bewegungsfluss des Außenraumes und der städtebaulichen Disposition ist dieser Zugang selbsterklärend, bedarf also keiner besonderen Hinweisschilder. Parkmöglichkeiten finden sich im Osten, Fahrräder werden in der neuen Remise abgestellt. Dort findet sich im 1. OG auch ein Trockenboden für Rietkräuter. Der alte Stall kann als Verkaufsbereich für die regionalen Bauern und die Produkte der Rietkräuterpflege dienen. Im Inneren des neuen Hauses führt ein Stiegenhauskern in die einzelnen Etagen. Im Parterre sind die Cafeteria, der Ausstellungsraum, ein Veranstaltungsbereich und die Küche angeordnet, womit alle öffentlichen Funktionen auf einer Etage zu liegen kommen. Die oberen Stockwerke können – bedingt durch die Konstruktion - ganz flexibel Büroeinheiten aufnehmen.
Ökonomie und Ökologie
Das Gebäude kommt ohne mechanische Heizung, Lüftung und Kühlung aus. Investitions- und Wartungskosten für die kurzlebige Geräte-Hardware fallen somit weg, wie auch die Energieausgaben deutlich zurückgenommen werden. Eine neu entwickelte Software sorgt für die Steuerung der Energieströme.
Ganz wesentlich: Das Haus bietet optimale Voraussetzungen für eben diesen Fluss der Energie. Es ist ein Haus aus Stein, mit Wänden, Türen und hohen Räumen. Es benötigt wenig graue Energie und sorgt auf Grund der elementaren Mittel der Architektur für ein Wohlbefinden, wie es dank der guten Proportionen und dem selbsterklärenden Gebrauch entstehen kann. Es ist also das erklärte Ziel, ein Haus zu bauen, das auf eine angenehme Atmosphäre für die Benützer ausgelegt ist.
Dabei zeigt sich, dass mit diesen Maßnahmen, die Abwärme im Inneren von Menschen und Maschinen ausreicht, um die Transmissionsverluste der Außenbauteile zu kompensieren.
Apropos Proportionen: Die Außenmaße des Gebäudes umfassen 16x16x16 Meter. Dieses Seitenverhältnis ist im klassischen Sinn ideal-harmonisch, aber auch im energetischen, weil am wenigsten Oberfläche für das meiste Volumen benötigt wird. Für die Fensterformate, welche für visuelle Streckung des Hauses und seiner Wahrnehmung als „Turm“ verantwortlich sind, wurde ein Regelformat von gerundet 5:3 gewählt. Ein solches Maßverhältnis ist aus der Kinematographie bekannt, und bewirkt die optimale Ausleuchtung in den Regelgeschoßen. Der Fensteranteil an der gesamten Gebäudehülle macht lediglich 24 Prozent aus, ein Verhältnis, das in den europäischen Stadtzentren üblich ist und dazu beiträgt die Wärmeverluste zu minimieren.
Konstruktion und Material
Die konstruktiv-energetischen Grundlagen: Die Hülle verfügt über einen Wandaufbau aus jeweils 38 Zentimetern Ziegel, miteinander verzahnt, sorgt die innere Schicht für hohe Druckfestigkeit, die äußere isoliert effizient. Das Gebäude wird mit einem Sumpfkalk-Glattputz endverkleidet. Je nach Bewitterung und Alter der Fassade entstehen unterschiedliche Oberflächen. Die 4-schichtige Putzschicht wird durch Seifen des noch nassen Putzes mit einer Schmierseifen-Lösung imprägniert, sodass eine Verschmutzung möglichst gering gehalten werden kann. Durch die Alkalität des Kalkes entsteht eine Reaktion mit der Seife, sodass eine unlösliche, hydrophobe und diffusionsoffene Oberfläche entsteht.
Die Drehung des Baukörpers mit seinen tiefen Fensterlaibungen reduziert den Wärmeeintrag. Innen angeschlagene Lüftungsflügel werden über Sensoren gesteuert, um das Raumklima behaglich zu machen. Ein Beispiel, wie das funktionieren wird: Im Winter sorgt die Abwärme für hohen Energieeintrag, die Lüftungsflügel gehen erst auf, wenn der CO2-Anteil im Raum steigt. Bei sommerlicher Hitze öffnen sich die Flügel nächtens, um mit „Zugluft“ natürlich zu kühlen.
Sensoren unterstützen - vielleicht ein wenig kontrollierter - die Tätigkeit der Benutzer, wie sie in „normalen“ Gebäuden seit jeher üblich ist. „Normal“ auf anspruchsvollem Niveau ist dieses Haus. Hohe Räume, gute Belichtung und das wohltemperierte Innenklima erfüllen einen Komfortanspruch, wie er weltweit erhoben wird. Die hier lebenden Menschen sind aber nicht Planungsopfer eines neuen Energiekonzepts. Wer will, kann nach Bedarf und Gutdünken, die Steuerung der Sensoren selbst übernehmen oder einfach formuliert: Das Fenster aufmachen.
Die Ökonomie im Raumbedarf und die Ökologie durch die Reduktion der Energieverbrauche ergänzen einander, wie auch die einzelnen Bauelemente mehrfach konnotiert sind. Ein weiteres Beispiel: Die starken Wände steigern das Trägheitsmoment der Baumasse, reduzieren also den Wärmeaustausch von innen nach außen. Parallel dazu sorgen sie für eine hohe Plastizität des Gebäudekörpers als Botschaft einer Architektur, die sich auf das Elementare des Mediums konzentriert. Die Nachhaltigkeit des neuen Hauses konstituiert sich nicht nur aus den materiellen Komponenten. Neben der intelligenten Software ist es die aus der Konstruktion abgeleitete Nutzungsneutralität, die für eine lange Verwendung des Hauses spricht. Zwischen den tragenden Fassaden und dem Erschließungskern werden Flächen aufgespannt, die je nach dem sich ändernden Bedarf organisiert werden können. Auch auf diese Weise wird Zeit, Geld und Energie gespart.
Architektur
Ziel des Entwurfs ist es, ein Gebäude zu schaffen, das auch im ästhetischen Sinn nachhaltig ist. Daher werden keine Metaphern anderer Bilderwelten, etwa jener der Aerodynamik oder Biomorphie, bemüht, um zur Form des Gebäudes zu gelangen. Vielmehr geht es hier in Ruggell, um eine Architektur, die Bestand hat, also die elementaren Möglichkeiten des Mediums ausschöpft. Beständigkeit als Botschaft des Gebäudes zählt ebenso dazu wie feinjustierte Proportionen und eine Authentizität der Materialien. Allein die Nähe zur Rietlandschaft bildet sich in der Außenraumgestaltung und den Fassaden ab. An den Oberflächen im Sockel- und Attikabereich entstehen geschliffene Mäander ähnlich der Entstehung von Rietlandschaft durch Flusserossionen. Die Kunst der Architekten bildet sich im präzisen Zusammenfügen all dieser Komponenten ab. Das klingt zwar einfach, ist aber das Ergebnis eines intensiven Gestaltungsprozesses. Oder um es mit den humorvollen Worten von Karl Valentin zu formulieren: „Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit“.
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